nicht wahr I: wa/ömme/woll

Text

Da staunste, wa! Eine Äußerung wie diese wird man mit dem Berlinischen (und Brandenburgischen) assoziieren, ebenso mit dem Aachener Raum. Und auch am Niederrhein ist dieses wa oft zu hören. Es stammt aus dem Dialekt.

"Wie würde in dem Satz "Da bist du von den Socken, nicht wahr!" der hervorgehobene Teil im Dialekt heißen?" So lautete eine Frage auf dem Dialektfragebogen 2017/2018 des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte (ILR), die Grundlage der abgebildeten Sprachkarte ist. Dieses nicht wahr ist ein Vergewisserungssignal. Es wird am Ende von Äußerungen angehängt, um die eigene Aussage zur Diskussion zu stellen, die Meinung der Gesprächspartner:innen einzuholen oder beim Gegenüber eine Reaktion einzufordern.

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nicht wahr I: wa/ömme/woll | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0
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nicht wahr I: wa/ömme/woll | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0

Für diese Karte wurden drei der im Rheinland gebräuchlichen und bei der Fragebogenaktion genannten Varianten ausgewählt: wa, ömme und woll. Sie sind, wie die Karte zeigt, räumlich verankert. Auf einer weiteren Wortkarte werden wat, ne und nitt in ihrer räumlichen Verteilung dargestellt. Auf der Karte ist jeder Ort verzeichnet, für den die entsprechende Variante zumindest einmal genannt wurde.

Die Karte lässt erkennen, dass wa (grün) von den Gewährsleuten vor allem im linksrheinischen Raum zwischen Aachen, Düren, Dormagen und Kleve genannt wurde. Aber auch außerhalb dieses Raumes wurde wa vielmals gemeldet, besonders im Gebiet zwischen Düren, Frechen, Königswinter-Oberpleis und Rheinbach. Dort konkurriert es allerdings stärker mit ne, was auf der zweiten Karte zu sehen ist.

Im Bergischen Land ist woll (rot) belegt. Genannt wurde woll, das hier aus dem Westfälischen herüberreicht, u. a. in Wuppertal und Radevormwald. In Burscheid-Hilgen, Kürten-Spitze und anderswo ist wall zu hören (hier wie woll gewertet).

Wie im Rheinischen Wörterbuch (Band 9, Sp. 45) finden sich auch in der ILR-Erhebung 2017/2018 die ömme-Belege im Westen des Rheinlandes – vom südlichen Niederrhein, in Viersen und Erkelenz, bis in den Aachener Raum. Kommentare auf einzelnen Fragebögen bezeichnen ömme als veraltete Form.

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Ausschnitt aus einem Fragebogen aus Würselen | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte
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Ausschnitt aus einem Fragebogen aus Würselen | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte
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Ausschnitt aus einem Fragebogen aus Mönchengladbach | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte
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Ausschnitt aus einem Fragebogen aus Mönchengladbach | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte

Für die regionale Umgangssprache sind hauptsächlich die Alternativen wa und woll geläufig. Auf der entsprechenden Karte des Altas zur deutschen Alltagssprache ist wa für den Niederrhein und die Eifel kartiert, im Bergischen Land erscheint woll. Dagegen kommt ömme nicht (mehr) vor.

Das im ILR-Fragebogen vorgegebene "nicht wahr" taucht in dialektaler Lautung in vielen Orten auf. So heißt es beispielsweise in Geldern-Pont nie wohr, in Viersen net wohr und in Jüchen-Gierath nit wohr; für Wipperfürth im Bergischen Land wurde nich wohr genannt. Diese Belege wurden weder in die Karte wa/ömme/woll noch in die Karte wat/ne/nitt aufgenommen. Ebenso unberücksichtigt blieben "oder" (off; off nit; odder net …) und weitere, selten genannte Vergewisserungssignale (zum Beispiel jo oder ock).