e-/n-Tilgung: Woch(e)/breche(n)

Text

Im Kartenbild ist eine klare West-Ost-Staffelung zu erkennen. Im Westen hat 'Woche' nur eine Silbe, das früher einmal vorhandene -e ist getilgt worden: Wääk, Week, Woch, Weisch, Wauch. Typisch für den Westen des Rheinlands ist ferner die n-Tilgung in Infinitiven wie 'brechen', 'laufen' oder 'machen': Die dialektalen Formen für 'brechen' lauten dann bräke, breche/bresche und ähnlich.

Die Orte, deren Dialekte beide Tilgungen haben, sind auf der Karte gelb eingezeichnet. Rot steht für Orte, deren Dialekte sich zwar durch die e-Tilgung, nicht aber durch die n-Tilgung auszeichnen. Die grün markierten Orte, alle im Osten auf dem rechten Rheinufer liegend, haben weder die eine noch die andere Tilgung. In Schermbeck Wäke und brecken, in Kürten Wesche und breschen, in Morsbach Wooche und bräächen. Die n-Tilgung hat sich weniger weit nach Osten ausdehnen können als die (ältere) e-Tilgung. 

Bild
e-/n-Tilgung: Woch(e)/breche(n) | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0
Bildunterschrift
e-/n-Tilgung: Woch(e)/breche(n) | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0

Die e-Tilgung in den Nebensilben ist im Rheinland das ältere von beiden Phänomenen. In einer sprachgeschichtlichen Arbeit zum ripuarischen Sprachraum (Köln und Umgebung) konnte gezeigt werden, dass sie bereits im 14. Jahrhundert eingetreten ist (Büthe-Scheider 2017).

Die n-Tilgung hat im Rheinland wohl nach der Reformation stattgefunden. Beleg dafür sind die Sprachverhältnisse im Gebiet der damaligen Grafschaft Moers, auf der Karte an den roten Symbolen im Linksrheinischen zu erkennen: Dort sagt man Wääk und bräken. Während die katholisch gebliebene Umgebung die n-Tilgung übernommen hat, gliederte sich Moers aus. Der Dialekt der ehemaligen Grafschaft Moers unterscheidet sich zudem in vielen anderen Punkten von den Dialekten der linksrheinischen Umgebung (Honnen 1987/1988). Das -n in bräken (und in koupen, loupen, spräken usw.) ließe sich als "evangelisches n" ansprechen.

Die e-Tilgung wiederholt sich im Rheinland in einer großen Zahl von Fällen: Fläs/Fläsch 'Flasche', Stroot/Stroß 'Straße', Hönd/Höng 'Hunde' (Mehrzahl) usw.

Die n-Tilgung zeigt sich nicht nur bei den Infinitiven, sondern auch bei der Mehrzahlbildung der Nomen; es folgen Beispiele aus dem Moerser Dialekt: HierHieren 'Herr – Herren', SchnutSchnuten 'Schnute – Schnuten/Mund – Münder'. Anderswo: HeerHeere, SchnüttSchnütte.

Auf einer weiteren Karte werden beide Tilgungsprozesse anhand der Ein- und Mehrzahlform von 'Flasche' thematisiert.

Die vorliegende Karte basiert auf dem ILR-Sprachfragebogen 4 von 1997. Eingezeichnet wurden die für einen Ort jeweils am häufigsten gemeldeten Formen. Wurden für einen Ort Varianten mit und ohne Tilgung genannt, zeigt die Karte die Farbe lila.