e-/n-Tilgung: Flasch(e)/Flasche(n)

Text

Auf Einteilungskarten für die Dialekte des Rheinlands wird regelmäßig eine Nord-Süd-Staffelung sichtbar, so auch auf der Karte des Rheinischen Fächers. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass sich die Dialekte zwischen dem Grenzraum zu Belgien und zu den Niederlanden im Westen und dem Grenzraum zu Westfalen im Osten in signifikanter Weise unterscheiden.

Die vorliegende Karte thematisiert a) die Silbenstruktur von Flasche in der Einzahl (ein- oder zweisilbig) und b) den Auslaut der Mehrzahlform (ohne oder mit -n). In großen Teilen des Rheinlands ist das ursprünglich in der Einzahlform vorhandene -e getilgt worden, ebenso das früher einmal vorhandene -n in der Mehrzahlform. Deshalb dominiert auf der Karte gelb. Die lautlichen Varianten werden dem jeweiligen Typ zugerechnet, also beispielsweise Fläs oder Fläsch dem Einzahltyp Flasch, ebenso Fläschen der Mehrzahlform Flaschen.

Im Kommentar zur Karte e-Tilgung/n-Tilgung: Woche/brechen finden sich sprachhistorische Hintergründe für beide Prozesse.

Bild
e-/n-Tilgung: Flasch(e)/Flasche(n) | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0
Bildunterschrift
e-/n-Tilgung: Flasch(e)/Flasche(n) | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0

Der Raum Mülheim/Ruhr verdient besondere Beachtung: Auf der Karte e-Tilgung/n-Tilgung: Woche/brechen ist der Dialekt dieser Stadt mit einem lila-farbenen Punkt vertreten ("andere"; Varianz), während auf der vorliegenden Karte für Saarn (gehört zur Stadt Mülheim) ein blaues Punktsymbol vergeben wurde: Einzahl und Mehrzahl haben dieselbe Silbenzahl, und die Mehrzahlform weist kein auslautendes -n auf. Hier kommt es also zu interessanten grammatischen Strukturen.

Einiges dazu ist in Emil Maurmanns Arbeit zur "Grammatik der Mundart von Mülheim a. d. Ruhr" aus dem Jahr 1898 nachzulesen. Zu den Nomen, die sich nach Maurmann im Mülheimer Dialekt wie FlascheFlasche (Einzahl – Mehrzahl) verhalten, gehören ApeApe (Affe – Affen), TrappeTrappe (Treppe – Treppen), KirkeKirke (Kirche – Kirchen), KatteKatte (Katze – Katzen), MüscheMüsche (Sperling) und HatteHatte (Herz – Herzen). Auch FlascheFlasche führt Maurmann auf (Maurmann 1898, S. 61, Schreibung verändert).

Die vorliegende Karte basiert auf dem ILR-Sprachfragebogen 11 von 2017/18. Eingezeichnet wurde die für einen Ort jeweils am häufigsten gemeldete Variante. Lila tritt dort in Erscheinung, wo dieses Zuordnungsprinzip nicht greift.