probeerde/proberet

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Auf dem Fragebogen 11 (2017/2018) des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte (ILR) wurde neben Lexik, Aussprache und Wortgeschlecht auch nach grammatischen Strukturen im Dialekt gefragt. So sollten die Gewährspersonen etwa das Verb 'probieren' in der Grundform (probieren) und der Vergangenheitsform (er probierte) angeben. Im Standarddeutschen wird die Vergangenheit schwacher Verben wie ‚probieren‘ mithilfe eines -t- gebildet, sodass die Form in der dritten Person Einzahl etwa er probierte oder er lachte, er tanzte lautet. Neben der standardsprachlichen Form probierte nannten die Gewährspersonen auf dem Fragebogen 11 allerdings noch weitere Bildungsmöglichkeiten der Vergangenheit von 'probieren' im Dialekt. Auf der abgebildeten Sprachkarte sind diese Varianten, unterschieden nach ihrer Endung (-de, -te, -ne, -en(e), -et, -ete), dargestellt.

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probeerde/proberet | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0
Bildunterschrift
probeerde/proberet | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0

Deutlich von Varianz geprägt ist dabei der untere Niederrhein: Neben probeerde meldeten Gewährspersonen dort auch die Varianten probierne und vereinzelt probierden/probierdene. Das Gebiet, in dem probeerde (dunkles Grün) dominiert, reicht dabei von Kranenburg (hej probierde) und Emmerich am Rhein (hej probierde) über Kevelaer (hen probierde), Geldern (hän proberde, hän probierde, hän probierden), Krefeld (probierde), Neuss (he probeede) und Erkelenz-Holzweiler (hä probeerde) bis an den Selfkant; einzelne Belege finden sich auch südlich von Aachen sowie bei Monheim, Remscheid und Morsbach im Bergischen Land. Meldungen für probierne (rot) wurden hingegen ausschließlich vom unteren Niederrhein gemeldet; hier nannten Gewährspersonen he probierne in Kalkar, eck probierne in Uedem und Alpen-Menzelen sowie ek probiern in Schermbeck. Rechtsrheinisch meldeten die Gewährspersonen in einem Gebiet zwischen Velbert, Düsseldorf, Dormagen und Wermelskichen-Eipringhausen dann probierden(e) (rosa). Im Südwesten bei Merzenich und Hürtgenwald-Zerkall ist diese Alternative ebenfalls belegt. Bei Brüggen, Nettetal, Schwalmtal und Viersen am Niederrhein überwiegt dann proberet (orange). An der Grenze zu den Niederlanden auf Höhe von Aachen gibt es ebenfalls Belege dieser Variante. Im Bergischen Land ist dann wiederum probeerte (hellgrün) belegt. Die Endung -te ist dieselbe wie im Standarddeutschen. Auch bei Erkelenz, Titz, Aachen und Köln sowie für Kesternich, Euskirchen und Frohngau im Süden wurde wieder diese Alternative gemeldet. proberete (gelb) wurde hingegen nur in zwei Orten genannt: in Niederkrüchten (hea probeerete) im Westen und in Kerpen-Langenich (er probbierete).

Grundlage der Sprachkarte sind die Angaben der Gewährspersonen zum Fragebogen 11 des ILR. Für Orte, in denen eine der Variante dominiert oder häufiger als andere gemeldet wurde, ist ein Punkt in entsprechender Farbe in der Karte eingezeichnet (siehe Legende). Wurden hingegen konkurrierende Varianten mit gleicher Häufigkeit angegeben, so erhielt dieser Ort einen Punkt in lila. Das gilt für Bedburg-Hau-Bedburg (hej probierde, ek probierdene), Kranenburg-Zyfflich (probierte, ek probierde) und Neukirchen-Vluyn-Vluyn (ek probierden, hei probierde) am Niederrhein, für zahlreiche weitere Ortspunkte zwischen Viersen und Jülich sowie für Stolberg-Breinig (hä probierde, hä probierdene) und Aachen-Freund (ich probierde, ich probieret).

Auch die Lautkarte probieren/proberen basiert auf der ILR-Erhebung aus dem Jahr 2017/2018 und zeigt die Verbreitung der Lautvarianten auf. Grundlage der Grammatikkarte probeerde/(hat) probeert ist ebenfalls die ILR-Fragebogenerhebung 11. Sie zeigt, wo Präteritumformen im Rheinland zu finden sind.