Schubkarre (alt)

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Die ältere Ausführung der Schubkarre besteht aus Holz, ihre Ladefläche ist plan oder schräg und befindet sich in gleicher Höhe wie die Radachse. Die zu befördernde Last drückt sich beim Anheben der Karre gegen ein Querbrett, das senkrecht zur Ladefläche steht und dieselbe Breite wie dieses hat. Geschoben wird sie an zwei Holmen mit ebenfalls eingearbeiteten Handgriffen. Es lassen sich Seitenbretter montieren, so dass man einen kastenartigen Aufsatz erhält. Diese Schubkarre wird heute kaum noch verwendet. Früher jedoch war ihr Einsatzbereich groß. Ohne Seitenbretter wurden Körbe, Säcke und Kisten transportiert. Für loses Transportgut wie Gartenabfälle, Stalldung, Torf, usw. wurden die Seitenbretter eingeschoben oder aufgesetzt.

Die Form der jüngeren Schubkarre ist durch ihren wannenartigen Aufbau, der meist aus Metall besteht und oberhalb eines Gummirades liegt, geprägt. In dieser Schubkarre können sowohl feste als auch (dick-)flüssige Güter transportiert werden. Gerade auf Baustellen ist somit ihr Einsatz unentbehrlich.

Im Erhebungsgebiet wurden die drei Bezeichnungen Schufkar, Krüjkar und Kröjwagen für die ältere Form der Schubkarre ermittelt. Obwohl die Mundarten mehrere Lautvarianten für Karre (-koore, -koor, -kor, -koor und -karre) haben, soll die am häufigsten aufgeführte Bezeichnung Kar als mundartlicher Typ fungieren.

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Schubkarre (alt) | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0
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Schubkarre (alt) | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0

Schufkar

Das Kompositum Schufkar (mit den Lautvarianten Schouf- und Schuuf-) entspricht dem hochdeutschen Typ Schubkarre. Das erste Wortglied Schuf- geht zurück auf mittelniederdeutsch schûven 'ruckweise, stoßend, drückend von der Stelle bewegen, schieben' (Mittelniederdeutsches Handwörterbuch, Bd. 3, Sp. 170). Der zweite Wortbestandteil -kar 'Karre' wurde entlehnt aus lateinisch carrus 'Wagen' (Kluge/Seebold 1989, S. 358). Im Mittelniederdeutschen ist schûfkār(e) 'Schubkarre' belegt (Mittelniederdeutsches Handwörterbuch, Bd. 3, Sp. 155).

Kröjwagen

Die mundartliche Bezeichnung Kröjwagen stimmt mit der niederländischen Bezeichnung des Typs kruiwagen überein. Im Mittelniederländischen ist crudewagen 'Duwwagen, schuifkar' belegt (Verdam 1932, S. 315). Dem ersten Wortbestandteil Kröj- liegt ein mittelniederländisches Verb cruden, nach Verdam in den Bedeutungen 'duwen, voortduwen, kruien; schuiven; drukken; met een handkar of kruiwagen rijden' zugrunde (1932, S. 315). Darüber hinaus ist im Mittelnierländischen crode belegt, ein Simplex, das unter anderem 'kruiwagen' bedeutet (Verdam 1932, S. 313). Ein Wort cruden mit der oben angeführten Bedeutung ist nur im Mittelniederländischen, nicht aber im Mittelhoch- oder Mittelniederdeutschen belegt (Roukens 1937, Teil I A, S. 148).

In Zyfflich wurden zwei Bezeichnungen notiert, in denen dieses Simplex als Grundwort fungiert. Es handelt sich um die Komposita Stroj- oder Bessemkröj.

Krüjkar

Der erste Wortbestandteil des nur für den niederrheinischen Dialektraum belegten Kompositums Krüjkar führt ebenso wie das erste Wortglied in Kröjwagen zurück auf mittelniederländisch cruden (Roukens 1937, Teil I A, S. 148). Einen mittelniederdeutschen Beleg krûdekar 'Schiebkarre' führt das Mittelniederdeutsche Handwörterbuch an (Bd. 2, Sp. 685).

Schörskar

Die Fragebogen aus Rheinberg und Xanten verzeichnen neben Krüjkar unter anderem Schörskar. Beim Bestimmungswort Schörs- handelt es sich um eine Variante von rheinisch schurgen, schürgen 'eine Schiebkarre, eine Ladung, Last schieben, vor sich herschieben, mit der Schubkarre fahren' (Rheinisches Wörterbuch, Bd. 7, Sp. 1917f.). Die beiden Orte liegen im einem nördlichen Zipfel eines sich nach Süden über den niederfränkischen und ripuarischen Sprachraum hin verbreitenden Schörskar-Gebietes (Rheinisches Wörterbuch, Bd. 7, Sp. 1919f.).

Weitere Meldungen

Weitere Bezeichnungen wurden ermittelt, die den Verwendungszweck bzw. den Einsatzbereich der Karre näher bestimmen. Zu diesen Meldungen gehören Meskar (Rheinberg) und Mestkoare (Wüllen, Gemen, Südlohn und Ammeloe) 'Karre, mit der Mist gefahren wird', Sackkoar (Vreden, Gemen Südlohn) 'Karre, mit der Mühlsäcke transportiert werden', Klühnkoare (Ammeloe) 'Karre, mit der Klühn (schwarzer Torf) befördert wird' (Piirainen/Elling 1992; S. 165), Torfkoare (Ammeloe) 'Karre, mit der Torf transportiert wird' und Bessemwagen (Leuth) 'Besenkarre'. In Epe wurde Pollerkor verzeichnet. Piirainen/Elling führen "Polderschuuwkaore" 'große Schubkarre' an (1992, S. 682). Mit dem Bestimmungswort Poller- könnte das 'Poltern' gemeint sein, wie mittelniederdeutsch bulderen, bolderen 'poltern, lärmen' nahelegt (vgl. Bollerwagen). In diesem Fall würde die Karre nach dem lauten Geräusch, das sie beim Schieben macht, benannt (vgl. Piirainen/Elling 1992, S. 165).

Die Karte Schubkarre zeigt eine Dreiteilung des Erhebungsgebietes. Die Bezeichnung Schufkar ist im Westmünsterland, in Winterswijk, Schermbeck und Rheinberg verbreitet. Die Westgrenze dieses Wortareals verläuft in nordsüdlicher Richtung beginnend bei Alstätte über Vreden, Winterswijk, Burlo, Raesfeld, Schermbeck und Rheinberg. 
 
Im Achterhoek, Liemers und in mehreren Orten am Niederrhein wird die Bezeichnung Kröjwagen verwendet. Dieses Wortareal dehnt sich in östlicher Richtung bis zum Schufkar-Areal aus. Zwischen den beiden Arealen zeigt das Kartenbild ein Krüjkar-Gebiet, das sich entlang des Rheins und der Issel zur deutsch-niederländischen Staatsgrenze zieht, diese jedoch nicht überschreitet. Aus vier Orten (Werth, Kalkar, Xanten und Winnekendonk) werden sowohl Krüjkar als auch Kröjwagen gemeldet.

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Schub- (in Schubkarre) | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0
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Schub- (in Schubkarre) | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0

Es ist anzunehmen, dass Krüjkar eine Kontaminationsform ist, die ihr Grundwort von den südlichen und östlichen Bezeichnungen mit dem Grundwort -kar und das Bestimmungswort von der westlichen Bezeichnung Kröjwagen (mit den lautlichen Varianten Krüj-, Kru-) bekommen hat. Unterstützt wird diese Annahme durch die Lage des Krüjkar-Gebietes, das von den beiden anderen Wortarealen berührt wird. Die Kontamination wird deutlich, wenn man die geographische Verteilung der Grund- und Bestimmungswörter (Karte Schub- und Karte -karre) einzeln betrachtet.

Schuf- ist ein im östlichen Teil des Erhebungsgebietes auftretendes Wort, Kröj- ist im Westen des Raumes, d. h. in niederländischen und niederrheinischen Gebieten anzutreffen. -wagen tritt im niederländischen und deutschen Sprachraum auf, -kar hingegen ist nur auf deutscher Seite zu verzeichnen.

An zwei Streckenabschnitten fallen die Staatsgrenze und die Wortgrenze zusammen. Der erste Teil der Wortgrenze verläuft zwischen dem Achterhoek und dem Westmünsterland. An diesem Abschnitt werden das Schufkar- und das Kröjwagen-Gebiet voneinander getrennt, und auf beiden Seiten dieser Wortgrenze werden zumindest ältere Bezeichnungen jeweils durch die standardsprachliche Form gestützt.

Der zweite Abschnitt, an dem die Staatsgrenze und die Wortgrenze zusammenfallen, ist die Strecke zwischen Anholt und Elten. Dass es keine Belege von Krüjkar auf niederländischer Seite gibt, kann mit der Staatsgrenze zusammenhängen, die in diesem Fall als Wortgrenze fungieren würde.

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-karre (in Schubkarre) | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0
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-karre (in Schubkarre) | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0