(er) probier-te

Text

In den beiden Standardsprachen wird das Präteritum 'schwacher' Verben mit Hilfe eines Dentalsuffixes (-d- bzw. -t-) gebildet. So lautet die 3. Person der im Folgenden behandelten Verben etwa probierte/probeerde bzw. stopfte/stoptfe.

In den Dialekten beider Sprachen sind zahlreiche weitere Präteritalformen bekannt, die sich häufig durch eine n-Erweiterung auszeichnen. So nennt Weijnen für 'backte/bakte': backende (Overflakkee), backtnde (Seeländisch-Flandern), backtene (Ostflandern) und backtn (in "vielen südlichen Dialekten") (Weijnen 1958, S. 206). In einigen Ortsdialekten im Eupener Land, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Rheinland also, waren/sind die Formen magdene bzw. magden ('machte') zu notieren (Goossens/Verheyden 1970, S. 135f.). Dieselben Suffixe sind auf der deutschen Seite der Grenze zu finden: scheckdene ('schickten'), spenksene ('spinksten') im westlichen Ripuarisch, holldene ('holte'), hürden ('hörte') am südlichen Niederrhein oder läffene ('lebte'), schöttne ('schüttete') am nördlichen Niederrhein (Das rheinische Platt 1989, S. 31, 33, 35).

Zwei der sechs Symbole, die die Karte enthält, stehen für dentallose n-Suffixe (Viereck: -en/-n, rotes Pluszeichen: -ne). Dreimal ist dabei die – läffene und schöttne entsprechende – Form probierne bzw. probeerne zu verzeichnen. Auch das insgesamt im Erhebungsgebiet am häufigsten gemeldete Suffix -(e)n unterscheidet sich stark von den Standardsprachen: probeern.

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(er) probierte | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0
Bildunterschrift
(er) probierte | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0

Zur Formengeschichte: Die n-Endung, die eigentlich zum Präteritum Plural gehörte (wie/ihr/sie probeern), wurde auch auf die 1./3. Person Singular übertragen, damit diese sich von der Präsensform (1.Singular: probeer) unterschied. Vorausgegangen war dieser Entwicklung der Schwund des alten Präterialsuffixes -ede-, das sich in den beiden Standardsprachen ja bis heute erhalten hat (probierte/probeerde).

Die Karte lässt drei Areale erkennen, das des kleverländischen probierde im Südwesten, eine kleine Ecke mit münsterländischem probeerde im Nordosten und dazwischen das Verbreitungsgebiet des Achterhoek-westmünsterländischen probeern. Die alten Zusammenhänge über die Staatsgrenze hinweg werden im Falle von probierde und probeern sehr deutlich sichtbar. Für das untersuchte Gebiet wurden ferner vier weitere Formen genannt (probeerden, probierne/probeerne, probierende, probiernden), auf die in den Erläuterungen zur Karte (er) stopf-te eingegangen wird.