Gangelt

Text

Gangelt liegt nahe der niederländischen Grenze, und der Gangelter Dialekt spiegelt diese geografische Lage in vielfältiger Weise wider. Er zeichnet sich durch zahlreiche Merkmale aus, die jenseits der Grenze, also in der niederländischen Provinz Limburg, zu den hervorstechenden Dialektkennzeichen gerechnet werden. Zugleich fehlen im Gangelter Platt bestimmte rheinische Sprachmerkmale, die etwa im Kölschen zu finden sind und/oder die sich früher einmal von Köln aus im Rheinland ausgebreitet haben.

Bild
Ortsansicht Gangelt von Norden um 1920 | aus: Rheinischer Städteatlas. Gangelt 1976
Bildunterschrift
Ortsansicht Gangelt von Norden um 1920 | aus: Rheinischer Städteatlas. Gangelt 1976

Beispiele für typisch limburgische Merkmale im Gangelter Platt:
 
1 Hondj 'Hund', Kendj 'Kind', Feldj 'Feld'
2 aud 'alt', kaud 'kalt', Saut 'Salz'
3 gruet (chruet), gefonge (chefonge)

  1. Das erste Phänomen wird "Moullierung" genannt. In der Provinz Limburg liegt das Hauptverbreitungsgebiet dieses Phänomens, das auch in einigen benachbarten Dialekten auf der deutschen Seite anzutreffen ist, es geht also um den Westen des Kreises Heinsberg, unter anderem um Gangelt. Eine Moullierungskarte für das niederländische Gebiet enthält das Buch "Riek van klank" (2007, S. 69). Wer selbst nicht von dort stammt, kann sich kaum vorstellen, wie Hondj oder Feldj klingen. Man kommt dem Ganzen näher, wenn man einmal versucht, Kentch und Feltch zu sagen.
  1. In den meisten Dialekten des Rheinlands ist kald (oder kold), Salt (oder Solt oder Salz) zu hören. Das l ist wie in hochdeutsch kalt und Salz ein ursprünglicher Lautbestandteil dieser Wörter. In den meisten Dialekten Limburgs ist das l allerdings geschwunden, es wurde "vokalisiert". Das gilt auch für das Standardniederländische: koud, zout. Die Gangelter Entsprechungen kaud und Saut klingen schon ähnlich.
  1. Als "zachte g" bezeichnen die Menschen in Limburg ihre phonetische Variante des g, also als 'sanftes g'. Es unterscheidet sich deutlich von dem "holländischen" Rachenlaut, wie er etwa in Amsterdam oder Rotterdam zu hören ist. Dieses limburgische g, ein stimmhafter Reibelaut, ist auch ein Merkmal der Dialekte im Westen des Kreises Heinsberg: chruet, chefonge (dabei ist das ch wohlgemerkt stimmhaft). Im Rest des Kreises lassen die Dialektsprecher:innen ein j- hören wie die Menschen in Düsseldorf oder Köln. Als der Gangelter Lehrer 1884/85 den Dialektfragebogen von Georg Wenker für seinen Schulort ausfüllte, beschrieb er diesen Laut als "leichtes ch".

Übrigens ist auf dem ILR-Sprachfragebogen 11 (2017/18) noch einmal nach der Aussprache von 'Hund' gefragt worden. Für Gangelt und Mindergangelt wurde dabei Hondj genannt; die Karte dazu findet sich hier.