Am Kradenacker (Köln)

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Gibt man bei Google Maps für das Stadtgebiet Köln den Straßennamen Am Kradenacker ein, erscheint schnell die Meldung "nicht in Maps gefunden". Hätte man den Namen allerdings 1967 gesucht - damals mangels Internet noch analog im Register einer Straßenkarte - wäre man dahingegen fündig geworden. Und zwar in Heimersdorf, im Kölner Norden. Würde man dann noch den Stadtplan aus den 1960er Jahren mit Google Maps abgleichen, käme man zu dem Ergebnis, dass die Straße, die 1967 Am Kradenacker hieß, durchaus auch heute noch existiert - allerdings mit einem anderen Namen: Am Eichelberg. Was ist hier passiert?

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Am Kradenacker | © Charlotte Rein, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte
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Am Kradenacker | © Charlotte Rein, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte

Heimersdorf ist ein recht junger Stadtteil Kölns, wenn auch mit altem Namen: Ursprünglich handelt es sich um einen allein stehenden Hof, den Heimersdorfer Hof, der zwischen den Orten Volkhoven und Longerich lag. Erst in den 1920er Jahren begann durch den Bau einer kleinen Siedlung die Entwicklung zum Wohnort. Die kleine Siedlung wurde in den 1960er Jahren stark vergrößert, als in Köln dringend neuer Wohnraum benötigt wurde. Nach Fertigstellung der Wohnhäuser brauchten die neu entstandenen Straßen natürlich Namen - denn ohne Straßennamen ist, gerade in einer Großstadt wie Köln, die Orientierung nahezu unmöglich. Wie auch noch in heutigen Neubaugebieten zu beobachten, werden die Straßennamen dort meist passend zueinander ausgewählt - Baum-, Blumen- oder Dichternamen sind hier beispielsweise beliebt. Aber auch ehemalige Flurnamen, die zum Teil auf die ursprüngliche Nutzung der neu bebauten Flächen schließen lassen, kommen zum Einsatz.

Und genau dies ist auch der Hintergrund des Namens Am Kradenacker. Denn hierbei handelt es sich um den kölschen Ausdruck für einen 'Krötenacker', eine Ackerfläche also, die durch eine besonders große Kröten- bzw. Froschpopulation auffällt. Und eine solche war wohl das neu erschlossene Baugrundstück ehemals gewesen. Doch was man bei der Namensgebung nicht bedacht hatte war, dass im Kölschen Kraden auch als Schimpfwort verwendet werden kann und so viel wie 'gewöhnliches Pack' bedeutet. Wissend um diese Bedeutung protestierten die neuen Bewohner:innen der Straße vehement gegen den Namen, zu groß war ihre Angst, dass durch den Namen das gesamte Wohngebiet - und damit auch sie, dessen Bewohner:innen - in Verruf geraten könnten. Die Stadtplaner:innen zeigten schnell Einsicht und noch im gleichen Jahr erhielt die Straße den unverfänglicheren Namen Am Eichelberg, auch dies eine Anlehnung an einen alten Flurnamen.

Ein ähnlicher Fall ereignete sich bereits wenige Jahre zuvor in einem Neubaugebiet im nahegelegenen Köln-Niehl: Auch hier erhoben die neuen Eigentümer:innen Einspruch gegen ihren Straßennamen. Em Kradepöhlchen ('Im kleinen Krötenpfuhl') sollte dieser lauten, eine Hommage an einen ehemaligen Rheinarm in der Nähe des Baugebiets, der früher im Sommer von Fröschen und Kröten bevölkert wurde. "Man kann es verstehen, daß die Siedler, die für den Bau der Straße rund DM 6.000,- pro Baustelle bezahlen mußten, nun nicht gerade 'Em Kradepöhlchen' wohnen möchten" schrieb der Pfarrer des katholischen Pfarramtes St. Katharina an den Oberstadtdirektor (Werner 2008, S. 105). Auch in diesem Fall fanden die Bürger:innen Gehör, nur einen Monat später bekam die Straße ihren heutigen Namen: Franz-Denhoven-Straße, nach einem ehemaligen Bürgermeister der Bürgermeisterei Longerich.