Gertrud

Text

Namen gibt es wie Sand am Meer; einige werden immer wieder vergeben, andere sterben mit der Zeit aus oder werden seltener vergeben als noch Jahrzehnte oder Jahrhunderte zuvor. Ein solches Beispiel ist neben Heinrich auch Gertrud. Bis etwa 1925 war dies ein Name, der häufig vergeben wurde, seit den 1960ern trägt ihn hingegen kaum noch ein Kind.

Zurück geht die Verbreitung des Namens seit dem Mittelalter vor allem auf die Verehrung der heiligen Gertrud von Nivelles, einer Äbtissin, die im 7. Jahrhundert lebte und häufig mit Mäusen dargestellt wird, da sie als Patronin gegen die Mäuse- und Rattenplage gilt. Die Herleitung des Namens dieser Äbtissin ist allerdings nicht ganz geklärt: Während die Bedeutung des ersten Bestandteils des Namens eindeutig ‚Speer‘ entspricht, ist die des zweiten Teiles deutlich schwieriger zu klären, denn es gibt zwei Ansätze: Zum einen kann -trud verwandt sein mit dem deutschen Wort Drude ‚Zauberin‘, das entstanden ist als Verkürzung von Namen, die auf -trud enden. Damit stünde dieser auch in Verbindung mit dem Namen der Tochter Thors, der Walküre Thrud, der Göttin des Schlachtfeldes und des Sieges. Alternativ könnte –trud auch auf das althochdeutsche Wort trut sowie das mittelniederländische druut ‚Freund, Geliebter‘ zurückgehen und dann ‚geliebt‘ bedeuten. Allerdings scheint die erste Variante wahrscheinlicher, vor allem mit Berücksichtigung der alten Formen: germanisch *thrûd, altsächsisch thrûth ‚Kraft, Stärke‘; der Rufname Gertrud bedeutet demnach ‚Speerkraft‘.

Bild
Trude, Drütt, Gertrud – Patronin gegen Mäuse- und Rattenplage | © Special Collections (University of Antwerp Library), CC0
Bildunterschrift
Trude, Drütt, Gertrud – Patronin gegen Mäuse- und Rattenplage | © Special Collections (University of Antwerp Library), CC0

Aufgrund seiner Beliebtheit und häufigen Vergabe sind auch viele Kurzformen des Rufnamens Gertrud bekannt. Neben solchen Formen, bei denen der erste Bestandteil entfällt (Trude, Traut, Drüda, Drütt), gibt es auch jene, deren zweiter Teil getilgt wird und deren Formen mit dem typisch rheinischen j statt g gebildet werden (Jerda, Jerti). Teilweise haben diese Varianten verschiedene Assoziationen: Drück ist etwa eine ältere und volkstümliche Variante, Draut/Traut eine Form, die gewählt wurde, um vornehmer zu klingen. Auch zahlreiche Koseformen wurden vergeben: Drüttche, Drütche, Trautche, Trudche, Trüdeke. Auffällig sind hier die Verkleinerungsformen -che und -ke die an die Kurzformen angehängt wurden. Während -che vor allem südlich der Benrather Linie an Namen oder Bezeichnungen für Dinge angehängt wird, um diese zu verniedlichen oder die enge Beziehung zu ihnen auszudrücken, nutzen Menschen nördlich der Benrather Linie eher -ke. Und mit dem Namen Gertrud, seinen Varianten und Kurz- sowie Koseformen kann nicht nur eine weibliche Person bezeichnet werden, es gibt zudem auch zahlreiche Gegenstände, die den Namen der Heiligen tragen. Zu diesen zählt neben der Gertrudbirne auch eine Gertrudblume wie eine Kirmes und sogar ein eigener Tag (17. März) ist nach ihr benannt – verehrt wird sie als Beschützerin der Felder der Bauern und als Patronin gegen von Mäusen angerichteten Schaden (RhWB, Band 2, Sp. 1205 ff.). Und auch in vielen Straßennamen in und um Köln findet man den Namen Gertrud, teilweise auch Gertrudis.

Bild
Auch in Straßennamen weit verbreitet | © Sarah Puckert, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY-SA 4.0
Bildunterschrift
Auch in Straßennamen weit verbreitet | © Sarah Puckert, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY-SA 4.0