Klingelpütz (Köln)

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Hauptstraße, Bahnhofsstraße oder Straßennamen nach berühmten Persönlichkeiten des jeweiligen Ortes gibt es wohl nahezu in jedem Dorf und jeder Stadt Deutschlands. Einige andere wiederum sind sicher typisch für die jeweilige Region, in der sie zu finden sind. So auch etwa Klingelpütz – ein Straßenname, wie er in der Kölner Altstadt zu finden ist. Bekannt und berühmt ist die Straße und ihr Name aber nicht nur, weil sie zentral gelegen ist und mit -pütz ein typisches Wort der rheinischen Dialekte aufweist, sondern auch, weil hier länger als ein Jahrhundert ein aus preußischer Zeit stammendes Gefängnis stand.

Aber kommen wir zurück zum Namen der Straße, der sich aus den beiden Bestandteilen Klingel- und -pütz zusammensetzt. Einen ersten Beleg dieses Namens finden wir in den Kölner Schreinsbüchern des Jahres 1263. In diesem im mittelalterlichen Köln als Vorläufer unserer heutigen Grundbücher bekannten staatlichen Verzeichnisse findet man für den Ort, an dem heutzutage die Straße liegt, den Eintrag Clingilmanshus; hier stand also ursprünglich ein Haus, das einer Familie namens Clingilman gehörte. Ab 1280 war dieses dann in der latinisierten Form inter heridum Clingilmanni bekannt, einige Jahrzehnte später im Jahre 1349 findet sich in Urkunden der Zeit dann das erste Mal auch der Verweis auf einen dortigen Brunnen: apud Clingilmansputze. Bis heute ändert sich die Schreibweise des Namens noch einige Male, so ist 1369 luxia Clingilmans pucum belegt, einige Zeit später dann Klyngelputze. Vermutlich war also ein Brunnen, der im Rheinland ja als Pütz bekannt ist, Grundlage des Straßennamens. Dieser dürfte einem Grundbesitzer namens Clingelmann gehört haben.

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Beispiel eines Pütz aus dem Mittelalter, Rathausplatz in Köln | © HOWI - Horsch, Willy, CC BY 2.5
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Beispiel eines Pütz aus dem Mittelalter, Rathausplatz in Köln | © HOWI - Horsch, Willy, CC BY 2.5

Erste Brunnenanlangen gab es in Köln bereits bei den Römern im 1. Jahrhundert, urkundliche Erwähnungen zu Schöpf- und Ziehbrunnen der Domstadt finden sich erst um 1130 in den Schreinsbüchern der Stadt. Pütz ist dabei die mundartliche Bezeichnung mit der ursprünglichen Bedeutung ‚Ziehbrunnen mit tiefem Schacht‘, die von dem lateinischen Wort puteus ‚gegrabenes Loch‘ stammt und im Rheinland seit dem 4. Jahrhundert bekannt ist. Teilweise, vor allem in der Bergmannssprache, ist auch Pütt mit der Bedeutung ‚Bergwerkschacht‘ oder ‚Bergwerk‘, verbreitet. Der Unterschied zwischen Pütz und Pütt ist auf die Zweite Lautverschiebung zurückzuführen: Während oberhalb der Benrather Linie die unverschobene Variante Pütt zu hören ist, nutzen Menschen südlich dieser Linie die Form Pütz. Auch zahlreiche Familien im Rheinland tragen diesen Namen. Zudem sind einige weitere Straßen nach der rheinischen mundartlichen Bezeichnung des Brunnens benannt. Und nicht zuletzt trägt der traditionelle Jahrmarkt in Bonn einen Namen mit diesem Wort.

Heutzutage ist der Familienname Kingelmann (oder Clingelmann) kaum noch im Rheinland zu finden (siehe geogen). Vermutlich diente ehemals eine Wohnstätte als Grundlage des Namens: Klinge stammt ursprünglich vom mittelhochdeutschen wie mittelniederdeutschen Wort klinge ‚Gebirgsbach; Talschlucht‘ und wurde für jemanden verwendet, der an eben diesen lebte. Anfangs wurde die Bezeichnung klinge wohl vor allem wegen des lauten Rauschens für ins Tal stürzende Bäche verwendet, nach und nach wurde der Begriff dann allerdings auch auf weniger schnell fließende Bäche und Täler ausgedehnt (siehe auch Deutsches Wörterbuch). Die Endung -l wird auch als Verkleinerungsform verwendet (vor allem im Süden des deutschen Sprachgebietes) – sie dient dazu, zwischen Vater und Sohn zu unterscheiden (Peterle ‚Sohn des Peters‘, Schmidtchen ‚Sohn des Schmidt‘) oder zeigt Zuneigung an. Möglich ist auch, dass der Bach, an dem die Person namens Klingelmann (oder Clingelmann) lebte, nach dem plätschernden Geräusch benannt wurde.

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Mit lautem Getöse stürzen die Wassermassen des Gebirgsbaches in die Tiefe | © Matthias Zender/LVR, CC BY 4.0 (zend-001-38a/Archiv des Alltags im Rheinland)
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Mit lautem Getöse stürzen die Wassermassen des Gebirgsbaches in die Tiefe | © Matthias Zender/LVR, CC BY 4.0 (zend-001-38a/Archiv des Alltags im Rheinland)