Hummerichs Bitze (Bonn)

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Straßennamen und ihre Bedeutung, das ist sicherlich so ein Fall für sich. Bei der Bahnhofstraße oder der Hauptstraße muss man wohl nicht lange nachdenken, woher die Straße ihren Namen hat, warum sie diesen erhalten hat und was er bedeuten mag. Ganz anders sieht es aber bei Namen aus, die sich nicht ohne (sprach)historisches Wissen erschließen. Bei einigen von diesen sind etwa mundartliche Wörter erhalten wie bei An dr Hahnepooz oder aber sie verweisen auf eine vergangene Nutzung der jeweiligen Straße wie zum Beispiel bei der Vivatsgasse.

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Beispiel eines Freihofes, eines grundherrlichen Gutes | © Jodrexel, CC BY-SA 4.0
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Beispiel eines Freihofes, eines grundherrlichen Gutes | © Jodrexel, CC BY-SA 4.0

Ähnliches gilt auch für Hummerichs Bitze in Vilich-Müldorf. Weder die Bedeutung von Hummerich noch jene von Bitze erschließen sich wohl beim ersten Lesen. Um beide Wörter verständlich zu machen, hilft aber ein Blick in das große Rheinische Wörterbuch: Beim Eintrag Humme (RhWB, Band 3, Sp. 935) findet sich der Verweis ‚reicher Bauer, s. Hofmann‘. Im europäischen Mittelalter (dem Feudalismus) hatte der Grundherr auf dem Gebiet seiner Herrschaft meist einen Hof, der auch Freihof oder Hofhaus genannt wurde. Der Erbpächter eines solchen adeligen oder klösterlichen Hofgutes trug den Namen Hofmann, in der Mundart auch als human oder hum__ə(n) bekannt. Humme ist also die Bezeichnung für einen Menschen, der ein grundherrliches Gut bewirtschaftete.

Auch für den zweiten Bestandteil des Straßennamens findet sich ein Eintrag im Rheinischen Wörterbuch (Band 1, Sp. 729 f.). Je nach Gebiet und Region können unterschiedliche Bedeutungen angesetzt werden, als Gattungsname (= Appellativ) meint Bitze zumeist eine ‚eingezäunte, ertragreiche Baumwiese beim Haus, Bitze kann aber auch ein ‚gutes Acker- oder Gartenland‘, ‚kulturmüdes Ackerland‘ oder ‚kiesigen, wasserarmen Boden‘ bezeichnen. Zudem dient das Wort als Flurname, also die namentliche Nennung eines kleinräumigen Teils der Landschaft, der als Flur bezeichnet wird. Bitze hat seinen Ursprung im althochdeutschen Wort bizūna ‚umzäuntes Grundstück, Gehege‘ und ist als Flurname vor allem im Hunsrück und Westerwald, vereinzelt aber auch im zentralen Rheinland und im Bergischen Land zu finden. Im Rheinland ist die Bezeichnung vor allem als Relikt zu verstehen, da es durch das gleichbedeutende Wort Pesch verdrängt wurde und heute nur noch kranzförmig an den Randgebieten der Region erhalten geblieben ist.

Wohlmöglich lag an der heutigen Straße Hummerichs Bitze ehemals ein Freihof, der von einem Hofmann bewirtschaftete wurde; eventuell erhielt dieses Stück Land dann später auch die Bezeichnung BitzeHummerich ist auch als Familienname bekannt, auf dem Kölner Südfriedhof etwa findet sich eine Grabstätte mit interessanter Geschichte.

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Obstwiesen wie diese sind auch als Bitze bekannt | © 4028mdk09, CC BY-SA 3.0
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Obstwiesen wie diese sind auch als Bitze bekannt | © 4028mdk09, CC BY-SA 3.0