Muffendorf - oder: Wohin sausen eigentlich die Muffen?

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Neulich bei den Sprachwissenschaftler:innen im ILR: Kurz vor Abgabe ihrer Doktorarbeit geht der Autorin dieser Zeilen aus wohl naheliegenden Gründen die Redensart Muffensausen haben durch den Kopf. Und wie das bei uns Sprachdetektiv:innen so ist, direkt wird das Sprichwort in Einzelteilen zerpflückt - was mehr Fragen als Antworten erbringt: Wer sind eigentlich diese Muffen? Und wohin sausen sie? Und es schließt sich eine dem Standort des ILR geschuldete Frage an: Was hat der Bonner Stadtteil Muffendorf damit zu tun?

Zuerst zum Ortsnamen: Muffendorf ist ein Ortsteil mit sehr langer Geschichte, Funde von steinzeitlichen Keilen lassen darauf schließen, dass sich bereits zu dieser Zeit Menschen in dem Gebiet aufgehalten haben. Und so findet sich auch die erste schriftliche Erwähnung der Siedlung relativ früh: In einer Urkunde vom 13. Juni 888 bestätigt König Arnulf dem Marienstift zu Aachen das Recht, von 43 Gemeinden, darunter Moffendurp, die 'Nona', also den neunten Teil aller Einkünfte als Grundsteuer zu fordern. Aus den folgenden Jahrhunderten ist der Ortsname dann erstaunlich stabil überliefert: 1020 Moffendorf, 1174 Moffendorp, 1143 Moffendorph, 1397 Muffendorp, 1749 Muffendorff. Wie bei vielen der auf -dorf auslautenden Ortsnamen wird in der namenkundlichen Forschung auch bei Muffendorf davon ausgegangen, dass das Bestimmungswort Muffen- auf einen Personennamen zurückzuführen ist: Vermutlich handelt es sich dabei um den germanischen Namen *Moffo, einer Kurzform zu Modfrid.

Hat dieser Moffo nun auch etwas mit den Muffen aus der Redewendung Muffensausen haben zu tun? Wie es scheint: nicht. Denn dieser Ausspruch ist wohl deutlich jüngeren Datums und die Muffen beziehen sich darin auf das gleichnamige Bauteil, mit dem man Rohre verbinden bzw. verschließen kann. Dieses Metallstück steht hier im übertragenden Sinne für den Darmausgang - und so handelt es sich bei Muffensausen haben um eine Variante der Redewendungen sich vor Angst (fast) in die Hose machen oder Schiss haben.

Bild
Hauptstraße von Muffendorf | © Benno Graffmann, GNU- und CC BY-SA 3.0
Bildunterschrift
Hauptstraße von Muffendorf | © Benno Graffmann, GNU- und CC BY-SA 3.0

Der Vollständigkeit halber - auch wenn es nicht im Rheinland liegt - noch kurz zu Heidelberg und Heidelbeere: Hier liegt möglicherweise tatsächlich eine ähnliche Etymologie vor. Das Bestimmungswort Heidel- im Namen der Obstsorte ist auf die Landschaftsbezeichnung Heide 'ebenes unbebautes Land' zurückzuführen. Für Heidelberg ist diese Deutung ebenfalls eine mögliche Erklärung, daneben gibt es aber auch noch weitere (vgl. Niemeyer 2012, S. 251).