Rhein

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Auf seinem langen Weg wechselt der Strom mehrfach seinen Namen: Rein bzw. Rain heißt er auf Rätoromanisch, Rhin auf Französisch, Rhein auf Deutsch und schließlich Rijn auf Niederländisch. Nimmt man die Dialekte der Landessprachen hinzu, werden es noch mehr Benennungen. Allein im Rheinland: Rhein wird er im Moselgebiet im Süden der Region genannt, Rhing oder Rheng im zentralen Rheinland rund um Köln und Bonn und, nördlich davon am Niederrhein Rhien oder Rhinn.

Für all diese Bezeichnungen kann eine gemeinsame Wurzel ausgemacht werden, für deren Ursprung man weit in die Sprachgeschichte eintauchen muss. So wird davon ausgegangen, dass der Fluss seinen Namen den Kelten verdankt und dass der Name auf das indogermanische rei-/roi- zurückgeführt werden kann, was 'fließen' bedeutet, *Reinos ist also 'der Fließende'. Schriftliche Überlieferungen gibt es, bedingt durch die wirtschaftliche Bedeutung des Stroms, bereits früh und zahlreich. So schreibt Julius Caesar im ersten Jahrhundert vor Christus von den Germanen, qui trans Rhenum incolunt, also 'die jenseits des Rheins siedeln'. Vergleichbare Belege finden sich vor allem bis ins 7. Jahrhundert. Danach tauchen, insbesondere in den ab dem 8. Jahrhundert entstehenden Texten in deutscher Sprache, abweichende Schreibungen auf: Rin (z. B. Ende des 11. Jahrhunderts), Ryn (z. B. 1470) und Rijn (z. B. 1476). Das lateinische e entspricht hier also einem deutschen i. In den verschiedenen Texten des Mittelalters finden sich beide Formen, abhängig davon, in welcher Sprache die Schriften verfasst wurden. In lateinischen Urkunden beispielsweise findet sich Rhenus, in deutschsprachiger Dichtung oder in Chroniken Rin,_ Ryn oder Rijn_. Bei der Variante mit e handelt es sich also um die gelehrte, lateinische Form, die vornehmlich schriftlich verwendet wurde, die Variante mit i spiegelt die ursprüngliche, gesprochene Benennung wider. Dazu passt auch, dass in den meisten rheinischen Dialekten bis heute Formen mit i verwendet werden: RingRien und Rhinn. Das hochdeutsche ei hat sich in der frühen Neuzeit aus eben diesem i entwickelt. Der daraus entstehende Unterschied zwischen den rheinischen Dialekten und dem Hochdeutschen findet sich in vielen Wörter: Kleid –_ Kleed oder schreiben – schrieve_(n).

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Rheinquelle in der Schweiz | © Charlotte Rein, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte
Bildunterschrift
Rheinquelle in der Schweiz | © Charlotte Rein, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte

Bleibt, im Vergleich der historischen deutschen Belege und der heutigen Schreibform, noch eine Frage offen: Wie kommt es zu der, für das Deutsche unüblichen, Schreibung von Rh am Wortanfang? Diese scheint, wie Paul Derks es formuliert, "auf eine Marotte humanistischer Gelehrter zurück zu gehen" (Derks 2002, S. 23). Bereits in der römischen Schreibung Rhenus war das h lautlich nicht notwendig, doch es wurde in Anlehnung an das griechische rhei 'es fließt' eingefügt. (In griechischen Wörtern, die ins Deutsche entlehnt wurden, findet man diese Schreibung häufig: Rhythmus, Rhabarber oder Rhododendron.) In den frühen deutschen Belegen (Rin, Ryn, Rijn) findet sich das h nicht, vom 15.-17. Jahrhundert tritt es aber immer häufiger auf und wird schließlich amtlich. Gleiches, vermutlich in Anlehnung an den Namen Rhein, trifft übrigens auf die rheinischen Orte Rheydt und Rheidt zu.

Ortsnamen, die den Flussnamen Rhein beinhalten, gibt es im Rheinland zahlreich (und zum Teil mehrfach): Rheinberg, Rheinbach, Rheinhausen, Rheindorf, Rheinort. In Bonn gibt es Rheindorf als Stadtteilnamen direkt zweimal, so dass erst Namenszusätze für Klarheit sorgen: Graurheindorf (linksrheinisch) und Schwarzrheindorf (rechtsrheinisch). Nur beim Fußball braucht es Profiwissen: Beim TV Bonn-Rheindorf muss man wissen, dass es die Mannschaft des Stadtteils Graurheindorf ist, sonst könnte man versehentlich auf der falschen Rheinseite landen …