Stinnes

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Einige Familiennamen klingen ähnlich, haben vielleicht gar denselben Ursprung, weisen aber dennoch Unterschiede auf. So etwa bei Stinges und Stinnes – beide Formen lassen auf den Rufnamen Stinus, eine Kurzform des Rufnamens Augustinus, zurückführen. Diese erweiterte und im Mittelalter gebräuchlichere Variante des lateinischen Rufnamens Augustus (von lateinisch augustus ‚erhaben, ehrwürdig‘) fand als Name des heiligen Kirchenlehrers Augustinus von Hippo (4./5. Jahrhundert) Eingang in die Namengebung und wurde bis etwa Mitte der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts relativ häufig vergeben. In den Jahrzehnten danach nahm die Vergabe des Namens deutlich ab, erst seit etwa zehn Jahren heißen wieder öfter Jungen Augustus.

Stinnes geht nun auf die Kurzform Stinus zurück, dabei handelt es sich um eine Laut- und Schreibvariante mit Verdoppelung des n. Nach Übernahme des Rufnamens Augustinus in die deutsche Sprache (und in diesem Fall in die rheinischen Dialekte) wurden dessen ursprüngliche Endung -us zu -es abgeschwächt; diese Variante ist auch bei vielen Kurzformen von Männernamen wie DrickesBertes oder Mattes in den Mundarten des Rheinlandes gängig.

Und noch eine zweite Interpretation des Familiennamens ist möglich – es könnte sich um eine Benennung nach der Wohnstätte Steinhaus handeln. Seinen Ursprung hat diese Bezeichnung im mittelhochdeutsche Wort steinhus sowie in der mittelniederdeutschen Entsprechung stēnhus ‚Steinhaus, Herrenhaus, Schloss‘. Diese Steinhäuser waren im 12. bis 15. Jahrhundert, etwa zu der Zeit, als die Familiennamen entstanden, eine Besonderheit, die sich nur reiche Stadtbürger leisten konnten. Sie waren sogar so besonders, dass sie häufig für die Bildung von Beinamen dienten und so den Menschen, der diesen erhielt, nach seiner Wohnstätte charakterisierten. Ähnlich wie beim Rufnamen Stinus, dessen Endung beim Familiennamen zu Stinnes abgeschwächt wurde, wurde auch die Endung -haus (oder ursprünglich -hus) zu -es abgeschwächt; ein ähnlich bekanntes Beispiel für diese Lautvariante ist Backhaus > Backes.

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Wahrscheinlich diente der Heilige als Grundlage für den Familiennamen Stinnes | © ClenX, CC BY-SA 4.0
Bildunterschrift
Wahrscheinlich diente der Heilige als Grundlage für den Familiennamen Stinnes | © ClenX, CC BY-SA 4.0

Stinnes geht damit entweder auf Nachbenennung nach dem Vater (Stinus > Stinnes) oder auf eine Benennung nach Wohnstätte (Steinhaus > Stinnes) zurück. Welche der beiden Varianten jeweils zutrifft, kann nur individuell geklärt werden; zudem müssen entsprechende Schriftstücke erhalten sein, die eine Rückverfolgung (am besten bis zur Erstnennung des Namens) möglich machen. Die meisten Träger:innen des Namens Stinnes findet man heutzutage in Bonn, aber auch in anderen Städten und Kreisen des Rheinlandes wie im gesamten Bundesgebiet sind zu finden (siehe geogen).