-ski: Polnische Familiennamen im Ruhrgebiet

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Podolski, Henselowski oder Dombrowski – wer in Nordrhein-Westfalen (genauer gesagt im Ruhrgebiet) lebt, ist Menschen mit diesen oder ähnlichen Familiennamen sicher schon einmal begegnet. Dass es sich hierbei nicht um originär deutsche Namen handelt, ist häufig auch bekannt: Familiennamen mit den Endungen -(ow)ski, -(ow)ska oder -tzki gehen in der Regel auf polnische Wurzeln zurück.

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Klingelschild | © roternagellack, CC BY-NC 2.0
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Ihre Häufung im Ruhrgebiet ist dabei kein Zufall: Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts sind zahlreiche Familien aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage aus dem heutigen Polen (damals Polen und Preußen) ins Ruhrgebiet gekommen, um hier im gerade florierenden Bergbau zu arbeiten.

Dass gerade Namen, die auf -ski enden als typisch polnische Familiennamen wahrgenommen werden, ist dabei kein Zufall: Tatsächlich werden sieben der zehn häufigsten polnischen Namen in Deutschland mit der Endung (Suffix) -ski gebildet und unter den 50 häufigsten Nachnamen in Polen finden sich 28 auf -ski. Erste Namen mit dem Suffix finden sich in Polen bereits seit der Mitte des 14. Jahrhunderts. Zwar gab es zu dieser Zeit hier (ebenso wie in Deutschland) noch keine festen Familiennamen, doch aufgrund zunehmender Mobilität wurde es immer häufiger notwendig, einen Menschen genauer zu bezeichnen als nur mit einem einzigen (Vor-)Namen. So begann man, den Namen um einen Verweis auf die Herkunft bzw. auf den Besitz zu erweitern: Czesław Grabski ('Czesław, der aus dem Dorf Grabie kommt/dem das Dorf Grabie gehört'). Mittels der Endung -ski konnte also von einem Ortsnamen ein Namenzusatz für eine Person abgeleitet werden. Diese Art der Namenbildung breitete sich sehr rasch aus, so dass bald auch Patronyme (Vaternamen) auf diese Weise gebildet wurden (Stefan Kasperski 'Stefan, Sohn des Kasper') und schließlich -ski an jeder Wortart ergänzt werden konnte, um zu markieren, dass es sich um einen Namen handelt: Kowal 'Schmied' > Kowalski. Da die Endung -ski zuerst vor allem bei Adeligen und dem reichen Bürgertum üblich und hier ab dem 16. Jahrhundert auch zu erblichen Familiennamen wurden, hatte das Suffix ein hohes Prestige. So wurde es zur Aufwertung auch gerne an bereits bestehende Nachnamen angefügt.

Neben der Form -ski treten auch verwandte Varianten auf. So kommt häufig die Endungen -owski/-ewski vor, die sich dadurch ergibt, dass viele polnische Ortsnamen auf -ow(o) und -ew(o) enden. Trifft -ski auf ein Wort, dass auf -g oder -k endet, verschmelzen die Laute zur Endung -cki/-cký.

Zum allgemeinen Wissen über polnische Namen im Ruhrgebiet gehört auch, dass jeder Name viele unterschiedliche Schreibweisen haben kann. Dies ist kein Vorurteil, sondern tatsächlich Realität. Grund hierfür ist die häufige Veränderung der originalen Schreibweise des Namens bei Aufnahme in die deutschen Akten; denn das polnische Alphabet verfügt über Buchstaben mit diakritischen Zeichen, die es im Deutschen nicht gibt, z. B. ń, ś, ż, ł, ą, und ę. Diese wurden im Deutschen weggelassen (Kębłowski > Keblowski) oder durch andere Buchstaben ersetzt (ż > s: Żabczynski > Sabczynski). Zudem wurden einige Buchstabenkombinationen anders (jedoch nicht immer gleich) wiedergegeben: sz > s/sch, ks > x, kw > qu, cz > c/z/s/sz. Auch die Varianten des Suffixes -ski waren von diesen Angleichungsprozessen betroffen: So wurden -cki/cký im Deutschen häufig als -tzki – oder seltener als -zki – verschriftlicht (Nowicki > Nowitzki).

In manchen Fällen blieb es allerdings nicht bei einer Anpassung auf schriftsprachlicher und lautlicher Ebene. So sind viele Fälle aus dem Ruhrgebiet bezeugt, in denen Menschen mit polnischem Nachnamen eine weitreichendere Namensänderung beantragt haben. In diesen Fällen weicht der neue, deutsche Familienname deutlich vom ursprünglichen polnischen Namen ab wie bei folgenden Eindeutschungen: Wilczewski (Wilzek 'Wölflein') > Wolf, Pawlowski (Pawel 'Paul') > Paulsen, Henselowski > Hensel, Dombrowski > Dombrück, Stawinski > Stahl, Lachmannski > Lichtenstein, Jadanowski > Laarmann oder Zimkowski > Sander. Diese Bereitschaft einen neuen Namen anzunehmen wurde in der Vergangenheit gerne als Bereitschaft zur Integration und Assimilation an die deutsche Gesellschaft interpretiert, in Wahrheit liegt in den meisten Fällen wohl kein so positiver Grund vor. Eher hatten viele Familien mit polnischen Namen zu spüren bekommen, dass dieser sie deutlich als "Nicht-Deutsche" kennzeichnete, was für sie zu Ausgrenzung und Benachteiligung führte, so dass sie sich genötigt sahen, einen unauffälligeren Namen anzunehmen.

All diese Schilderungen treffen natürlich nicht nur auf die polnischen Familiennamen auf -ski und ihre Träger*innen zu. Ähnliche Angleichungs- und Änderungsprozesse kann man beispielsweise auch bei Namen mit den Endungen -(ow)icz (Balcerewicz > Balzerewitz, Chlebowicz > Chlebowitz), -(owi)ak (Majchrzak > Maischak, Wachowiak > Wachner) oder -ek (Plattek > Platte) beobachten.