Elsenbroich

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Nach welchen Mustern werden Familiennamen vergeben? Als im 12. Jahrhundert die Bevölkerung anstieg und nicht mehr ein einzelner Name zur Identifizierung einer Personen ausreichte, griff man auf einen Trick zurück – sogenannte Beinamen, die ihre Träger:innen nach Aussehen, Charakter, Herkunft, Beruf oder auch dem Rufnamen des Vaters (seltener der Mutter) benannten. Eine weitere Möglichkeit war die Nachbenennung nach einem Wohnort, der offensichtlich so auffällig war, dass er als individuelle Bezeichnung dieses Menschen dienen konnte. Auch Elsenbroich ist ein Beispiel für solch eine Benennung nach der Wohnstätte. Aber wo genau wohnte dieser Mensch nun?

Schauen wir uns den Namen einmal genauer an: Dass er aus den beiden Namensteilen Elsen- und -broich besteht, ist relativ offensichtlich, deren Bedeutung allerdings eventuell weniger. Elsen bezeichnet einen Laubbaum, der besonders an feuchten Stellen wächst, genauer gesagt die ‚Erle‘. Aus dem bereits im Germanischen belegten Baumnamen elira entstand durch Umstellung des r (teilweise in sprachhistorisch verwandten Wörtern zu beobachten, siehe auch Klemensborn) die Form erila, die im Mittelniederdeutschen als elreelseeller ‚Erle‘ belegt ist. Im Rheinischen Wörterbuch findet sich ebenfalls ein Eintrag zu Erle; für Köln, Bergheim und Jülich ist hier die mittelniederdeutsche Variante eller festgehalten (RhBW, Band 2, Sp. 167).

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Erlen wachsen gern an feuchten Stellen | © Gerthorst78, CC BY-SA 4.0
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Erlen wachsen gern an feuchten Stellen | © Gerthorst78, CC BY-SA 4.0

Der zweite Bestandteil des Familiennamens ist eine rheinische Eigenheit, die häufig in Familien-, Straßen-, aber auch Ortsnamen zu finden ist und regelmäßig zu Unsicherheiten und Schwierigkeiten bei der Aussprache sorgt, man denke nur an Horst Schlämmer, Alter Ego von Hape Kerkeling. Seinen Ursprung hat das Wort im Althochdeutschen, dort ist es als bruoh belegt. Bereits im Mittelhochdeutschen finden wir dann die Form bruoch, die im Mittelniederdeutschen brōk, brūk ‚Bruch, Sumpf, Moorland‘ lautet. Spätestens mit dem Bevölkerungszuwachs des 12. Jahrhunderts wurden diese Orte dann trocken gelegt, um sie als Siedlungsstelle nutzen zu können. Der auffällige Lautunterschied am Ende des Wortes erklärt sich durch die Zweite Lautverschiebung, einem Lautwandelprozesse, bei dem vor mehr als 1000 Jahren die Laute p, t und k zu pf, sch und ch verschoben wurden. Allerdings hat jener Prozess nicht überall stattgefunden, nördlich der Benrather Linie sind diese Laut in ihrer unverschobenen Form erhalten geblieben.

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Ursprünglich bezeichnete Broich ein Sumpfgebiet | © Andreas Eichler, CC BY-SA 4.0
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Ursprünglich bezeichnete Broich ein Sumpfgebiet | © Andreas Eichler, CC BY-SA 4.0

Und auch dem i, das in Broich auf das o folgt, liegt ein Wandelprozess zugrunde, die sogenannte Neuhochdeutsche Diphthongierung. Aus dem ehemals mittelhochdeutschen Laut uo wurde im Laufe der Zeit der einfache Vokal u, der lang ausgesprochen wurde. Im ripuarischen Sprachraum wurde dieser teilweise noch weiter zu o gesenkt. Um anzuzeigen, dass es sich auch hierbei um einen lang auszusprechenden Laut handelt, hängte man ein i an. Dieses ist ein altes Dehnungszeichen des Frühneuhochdeutschen, das heute nur noch in Orts, Flur-, Straßen- und Familiennamen erhalten ist. Zudem handelt es sich um ein besonderes Merkmal der rheinischen Sprache – in kaum einer anderen Region Deutschlands finden sich sonst Belege dieses Dehnungs-i

Der Familienname Elsenbroich dient demnach als Wohnstättenname für jemanden, der an oder auf einem Stück Moorland lebte, das mit Erlen bewachsen war. Möglich ist auch, dass ein gleichnamiges Flurstück die Grundlage für die Benennung dieser Person war. Menschen namens Elsenbroich leben heutzutage vor allem im Rheinland und dort vor allem in Mönchengladbach, aber auch in den umliegenden Kreisen und kreisfreien Städten (siehe geogen).