Der Regiolekt von Dormagen

Text

Dormagen liegt im Rhein-Kreis Neuss und grenzt an die Landeshauptstadt Düsseldorf. Genau wie im Rest des Rheinlandes sprechen jüngere Generationen keinen Dialekt mehr, sondern eine vom regionalen Dialekt geprägte Alltagssprache – also einen Regiolekt.

2009 wurde der Regiolekt zweier Deutschkurse eines Dormagener Gymnasiums erforscht. Dazu füllten die Schüler:innen, die teils die 10., teils die 11. Stufe besuchten, einen Fragebogen aus. Die darauf aufgebauten Unterrichtsstunden standen im Zeichen von „Sprache und Geographie“ bzw. „Regionales Deutsch – Hochdeutsch“. Im Unterrichtsgespräch erläuterten die Jugendlichen ergänzend ihre Sprechgewohnheiten. Durch den Vergleich mit den Angaben älterer Sprecher:innen ist es möglich festzustellen, welche Ausdrücke in Dormagen allgemein gebräuchlich sind und welche nur von einer bestimmten Generation verwendet werden.

Eine Reihe von Wörtern, die man in Dormagen selbstverständlich verwendet, ist im Rheinland generell verbreitet. Wenn man mit den Fingernägeln zum Beispiel einen Aufkleber abkratzt, nennt man das im südlichen Rheinland eher piddeln, im nördlichen oft knibbeln. Jüngere Dormagener:innen verwenden hingegen beides. Damit unterscheiden sie sich ein wenig von ihren älteren Verwandten, die etwa gleich oft piddeln, aber statt zu knibbeln lieber bötteln nutzen. 2009 gab es bereits eine leichte Tendenz bei Jugendlichen, das standarddeutsche schlittern zu verwenden, um zu beschreiben, dass jemand auf einer Eisfläche gleitet. Die Mehrheit verwendet aber weiterhin das dialektal geprägte schliddern. Wie im restlichen Rheinland ebenfalls üblich, missachtet man in Dormagen bei der Aussprache des Verbs gucken die Rechtschreibung und sagt stattdessen kucken.

Bild
Das Wappen der Stadt Dormagen | © gemeinfrei
Bildunterschrift
Das Wappen der Stadt Dormagen | © gemeinfrei

Zu diesen regiolektalen Wörtern gesellen sich in der Alltagssprache der Jugendlichen außerdem einige Anglizismen, die von älteren Generationen eher nicht verwendet werden. So gaben die Teilnehmer:innen der kleinen Studie an, statt entspannen öfter chillen (von eng. to chill, wörtlich ‚kühlen‘, im übertragenen Sinne ‚entspannen‘) oder statt jemanden herabsetzen dissen (von eng. to diss mit derselben Bedeutung) zu sagen. Solcher Jargon bahnt sich natürlich über moderne Medien seinen Weg in andere Sprachen.

Weniger Verwendung bei Jugendlichen, dafür öfter bei deren Eltern- und Großelterngeneration, findet das Verb bömmeln ‚baumeln‘. Auch das typisch-rheinische fisseln (mit „weichem“ s, wie in Sonne) ‚leicht regnen‘ hört man in Dormagen eher aus dem Mund älterer Menschen. Die dialektale Wendung Föößje halde wird ins Standarddeutsche übertragen und macht als Füßchen halten eine gute regiolektale Figur. Jüngere Sprecher:innen bevorzugen es aber, Beinchen stellen zu sagen. So bleibt zumindest die Verkleinerungsform erhalten, denn standarddeutsch wäre es, gleich ein ausgewachsenes Bein zu stellen.